Ergänzend zum Caliber FAQ für Einsteiger hier nun ein entsprechender Reinigungsguide für diese Zielgruppe. Ich beziehe mich hier vorerst auf das Balistol Brevier(1) und zitiere hier weitesgehend unter Einarbeitung weiterer Erkenntnisse, die stetig einfließen. Auch wenn ich selbst Balistol verwende, soll das hier eine objektive Darstellung ohne Werbung für das Produkt sein. Anmerkungen und Ergänzungen sind daher erwünscht. Um den Einsteiger nicht den Überblick zu nehmen, bitte aber keine Diskussionen anfangen.
Begriffe
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FELDER UND ZÜGE
Damit ein Projektil beim Abfeuern den notwendigen Drall für eine stabile Fluggbagn bekommt, sind in das Innere eines gezogenen Laufes „spiralförmige“, eigentlich helixförmig Vertiefungen eingearbeitet. Diese werden als Felder und Züge bezeichnet. Züge sind die Nuten, Felder dementsprechend die zwischen den Zügen stehenden, erhabenen Bereiche. Der Innendurchmesser eines Laufes lässt sich als Zugmaß (Markierung B) bzw. Zugkaliber oder als Feldmaß (Markierung A) bzw. Feldkaliber angeben. Mit dem Zugmaß wird der Abstand zwischen zwei gegenüberliegenden Zügen bezeichnet. Das Feldmaß gibt den Abstand zwischen zwei gegenüberliegenden Feldern an. Das Zugmaß ist also stets größer als das Feldmaß. Der Durchmesser (Diameter) des Geschosses – das sich auch oft in der Kaliberangabe wiederfindet – entspricht meist dem Zugmaß. Beim Abfeuern der Waffe wird das Geschoss leicht durch den Lauf gequetscht und erhält dabei ein charakteristisches Kratzspurenmuster, wodurch es dem entsprechenden Lauf zugeordnet werden kann.Merksatz: Zug im FeldUm einer Verwechslung von Feld- und Zugmaß vorzubeugen, hilft der einfache Merksatz: „Der Zug fährt durch die Felder“. Die Vertiefung – durch die der Zug gefahren ist – sind dementsprechend die Züge.
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FINGERPRINTS
Der Handschweiß hat einen pH Wert zwischen 4,7 und 5,75 und ist leicht sauer. Fingerabdrücke können sich dadurch in metallische Oberflächen einätzen und sind als Fingerprints oder auch Fingerprint-Korrosion bekannt. Selbst der „rostfreie“ Edelstahl ist teilweise anfällig für diese Form der Einätzungen, wenn das Metall nicht entsprechend geschützt wird. Tatsächlich sind „rostfreie Edelstahle“ eher als „rostträge“ zu bezeichnen. Für die Neutralisierung kommen legiglich alkalische Waffenöle in Frage, die diesen Handschweiß chemisch neutralisieren. Neutralen Waffenölen, sind lediglich dazu in der Lage, diesen zu verdünnen. -
GESCHOSSABSCHMIERUNG
Damit die Projektile sich dem Lauf anpassen, den Drall aufnehmen und den Lauf nicht beschädigen, werden diese aus weichen Metallen wie Weicheisen, Bronze (weicher als Messing), Messing, Kupfer, Zink oder Blei gefertigt bzw. haben eine entsprechende Ummantelung. Beim Abfeuern einer Waffe hinterlassen diese Metallabschmierungen im Lauf. -
GLATTSCHIESSEN UND EINSCHIESSEN
Sowohl das Glattschießen, als auch das Einschießen sind sinnvolle erste Maßnahmen, werden aber oftmals vernachlässigt. Das sogenannte Glattschießen ist zwar nicht zwingend notwendig, jedoch profitiert man später durch die geringere Schmutzaufnahme -insb. bei Mantelgeschossen- bei der Laufreinigung davon. Hintergrund ist, dass die Oberfläche im Laufinneren durch die Art der Fertigung leicht rau ist. Dies ist bei industriell gefertigten Läufen ausgeprägter als z. B. bei hochwertigen Match Läufen. Bei anderer Munitionswahl, beispielsweise .22 LFB (reine gefettete Bleigeschosse), kann getrost darauf verzichtet werden. Um einen neuen Lauf glattzuschießen, wird dieser vor dem ersten Schuss chemisch gereinigt (ammoniakhaltige Reiniger, Kaltentfetter, etc) um Verunreinigungen aus Produktion und Amtbeschuss zu entfernen. Danach erfolgt der eigene Einzelbeschuss mit der wiederholten Reinigung. Dieses Prozedere, Schuss und anschliessende Reinigung, wird 5 mal wiederholt. Nun werden 2 Schüsse abgegeben und erneut wird chemisch gereinigt. Auch dieser Intervall wird 5 mal wiederholt. Im nächsten Schritt wird erst nach 5 Schüssen gereinigt, im Anschluss nach 10 Schüssen. Um ganz sicherzugehen, kann ein weiterer Durchgang mit 15 Schuss gemacht werden. Spätestens dann ist der neue Lauf optimal glattgeschossen und lässt sich zukünftig einfacher reinigen. Ob im Nachgang an eine (chemische) Reinigung ein Einschießen der Waffe bzw. ein Kontrollschuss notwendig ist, hängt von unterschiedlichsten Faktoren ab. Vor wichtigen Wettkampfen und bei Änderungen an der Zieleinrichtung sind diese aber dringend empfohlen. Das Einschießen dient also der Abstimmung von Zieleinrichtung und tatsächlicher Flugbahn. -
„KAPUTTPUTZEN“ – EIN MYTHOS
Die regelmäßige Reinigung und Pflege einer gut funktionierenden Waffe ist unerlässlich und kann – solange sie fachgerecht ausgeführt wird – die Waffe nicht beschädigen. Zu den häufigsten Fehlern zählt etwa, dass eine Draht- oder Stahl- bürste benutzt und aufgrund der hohen Härte der Borsten die Felder und Züge beschädigt wurden. Deshalb sollten nur weiche Bürsten aus Messing oder Bronze eingesetzt werden, die exakt zu dem entsprechenden Kaliber passen. Diese dürfen nur in Richtung vom Patronenlager zur Mündung verwendet werden. Bei Revolvern oder geschlossenen Systemen muss von der Mündung zum Patronenlager gereinigt werden. Daher gilt hier besondere Vorsicht bei der Putzstockführung (empfohlen sind zur Führung "falsche Schlösser"), um die Mündung nicht zu beschädigen. Auch Werg, Patches aus Baumwolle bzw. Mikrofaser oder optimalerweise Filzreiniger und Intensivreinigerfilz mit feiner Messingfaser sind bestens für die Reinigung geeignet. Zu beachten ist, dass die Bürsten oder Reiniger komplett durchgezogen, danach entfernt werden und die Reinigung dann von der gleichen Seite aus wiederholt wird. Wird dies nicht beachtet, wird der Schmutz nur verteilt statt ihn zu entfernen und sammelt sich schlimmstenfalls im Waffensystem vor dem Rohr. Oft empfiehlt es sich, mehrere Reinigungsfilze zusammenzudrehen. Die Kontaktfläche der Filze wird so vergrößert. Eine andere Fehlerquelle, die den Lauf dauerhaft beschädigen kann, sind billige Putzstöcke aus blankem Stahl oder mit defekter Kunststoffummantelung. Hier kann das harte, blanke Metall natürlich den Lauf schädigen – vor allem den für die Treffsicherheit besonders wichtigen Mündungsbereich und das Patronenlager. Ebenso ist darauf zu achten, dass der Griff des Putzstocks kugel- bzw. gleitgelagert ist und sich bei der Reinigung mit den Feldern und Zügen mitdrehen kann. Ansonsten kratzt er über die Felder hinweg und schädigt dabei deren Kanten. Kunststoffbürsten zum Verteilen des Reinigungsmittels/Öls sind nach umgehender Reinigung der Waffennutzung oft ausreichend, um den meisten Schmauch zu lösen. Zum leichten Einölen sind Filzbürsten ausreichend, und spart durch die langlebige Nutzung Filzpropfen/Wargs und Müll ein. -
KORROSION- UND ROST
Unter Korrosion (von lat. corrodere, „zernagen“) versteht man die Reaktion eines Werkstoffs mit seiner Umgebung, die zu einer messbaren Veränderung des Stoffs führt. Die bekannteste Form der Korrosion bei Metallen ist das Rosten, also die Oxidation von Eisen. Rost entsteht, wenn Eisen oder Stahl mit Sauerstoff in Gegenwart von Wasser oxidiert. Im Gegensatz zu der schützenden Oxidschicht vieler metallischer Werkstoffe wie Chrom, Aluminium oder Zink bildet Rost auf Eisen eine festsitzende, raue Schicht, die nicht vor weiterer Zersetzung schützt. Rost hat auf einer Waffe grundsätzlich nichts zu suchen. Als Lochfraßkorrosion, auch Pitting oder Lochfraß genannt, werden Korrosionsstellen bezeichnet, die oberflächig zwar klein und meist punktförmig erscheinen, sich in der Tiefe jedoch trogförmig ausweiten. Sprich: Die tatsächlichen Schäden der Korrosion sind wesentlich größer, als dies oberflächig zu erkennen ist. Daher bleibt Lochfraßkorrosion auch häufig lange unbemerkt. -
LIDERUNG
Der Begriff Liderung beschreibt das Verhalten einer Patronenhülse im Patronenlager, wenn die Waffe abgefeuert wird. Dann sorgt der Druck des verbrennenden Treibladungspulvers dafür, dass sich das Material der Patronenhülse an die Wandung des Patronenlagers schmiegt und somit als gasdichter Verschluss am hinteren Ende des Waffenlaufes fungiert. Voraussetzung für eine optimale Liderung ist jedoch, dass das Patronen- lager absolut frei von Öl und Fett ist.