Unzureichender Geschosssitz - Verschmauchte Hülse und Überdruck

  • Hallo zusammen,


    ich habe aktuell ein Thema, bei dem mich eure Meinung/eure Erfahrung interessieren würde. Ich habe im Forum nichts darüber gefunden - kann aber auch an meiner mangelnden Erfahrung liegen - bin erst seit Kurzem hier.


    Ich hatte kürzlich bei einer Laborierung, die ich schon mehrmals problemlos verwendet habe, plötzlich Schwierigkeiten:

    Einerseits eine komplett verschmauchte Hülse (kenn ich bislang nur aus schlappen Ladungen) und andererseits eindeutige Merkmale für Überdruck: Krater am Zündhütchen, massive Abdrücke am Hülsenboden, schwer öffnender Verschluss. Ein deutlicher Hochschuss (ca. 7cm) würde auch noch ins Bild passen.


    Ladedaten:

    Kaliber 6,5x55 SE

    Geschoss: Hdy ELD-X 143 gr

    Hülse: Lapua (ca. 3mal verwendet)

    Zünder: CCI BR2

    Pulver: VV N160

    Ladung: 44 gr

    COL: 81,5 (COL max.: 82,07)


    Waffe: Sako 85


    Was ich sonst noch weiß:

    - Kein offensichtlicher Fehler beim Laden: COL, Ladung usw. bei den nicht verschossenen und delaborierten Patronen überprüft > alles wie oben angegeben.

    - Plausicheck der Ladung über QL > unkritisch.

    - Einzige Änderung gegenüber früher: Ich hatte die Hülsenkalibrierung umgestellt von RCBS Competition auf Redding Typ S - Vollkalibrierung (diese Matrize hat einen Innenaufweiter)

    - Bushing .293", abgeleitet aus Vermessung des Hülsenhalsdurchmessers mit diversen gesetzten Geschossen > 7,47 mm > 0,294", minus 0,001" > .293" entsprechend Empfehlung Hersteller

    - Vermessung Hülsenhals-Innendruchmesser bei den so kalibrierten Hülsen: 6,68 mm

    - Vermessung der Geschossdurchmesser: 6,69 > unter einem Hunderstel Überdeckung > sehr loser Geschosssitz > spürt man auch beim Setzen > für mich der Kern des Problems


    Meine Verständnis für das Verschmauchen der Hülse:

    - Durch den geringen Ausziehwiederstand bewegt sich das Geschoss sehr früh > Zunahme des effekt. Hülsenvolumens > langsamerer Druckaufbau > langsamerer Verbrennung
    Hülse dichtet schlechter zum Geschoss ab > Verbrennungsgase in das Patronenlager > damit deutlich geringerer Differenzdruck zwischen Hülse und Patronenlager > spätes Anlidern > verschmauchte Hülse.
    (Hier Dank an Hornetter für sein Feedback)


    Meine Fragen:

    - Ich stelle auf ein kleineres Bushing um. Wie geht ihr hier vor (minus 0,001" oder kleiner) ? Hab ich hier einen Fehler gemacht?

    - Wie seht ihr die Hypthese zum Verschmauchen der Hülse?

    - Wie kann man sich hier den Überdruck erklären? Handelt es sich überhaupt um Überdruck oder sind das Folgen des späten Anliderns, da sich die Hülse am Verschluss abstützen muss, da sie am Mantel keine Kräfte übertragen kann.


    Bin gespannt auf euer Feedback.


    Viele Grüße

    Uli

  • Was Du schreibst erscheint mir erst einmal plausibel.

    Kannst Du ein geladenes Geschoss beim Drücken auf die Tischplatte hineinschieben?


    Ich vermute, dass die Hülse wenig bis gar nicht anliedert, da für den Aufbau des Anfangsgasdrucks einfach der Widerstand fehlt, dies führt dann auch zu einer unsauberen Verbrennung und eben zum Verschmutzen der Hülse.


    Die Anzeichen von Überdruck, da müsste ich spekulieren.

    Vlt. baut sich erst gar kein richtiger Druck auf, weil sich das Gas ja sowohl am Geschoss und an der Hülse vorbei ausbreiten kann, Millisekunden, bis das Geschoss dann den Lauf nach vorne abdichtet, was zu einer Art Rückschlag der lose im Patronenlager liegenden - weil nicht geliderten - Hülse führt?


    Gegenfrage:

    Warum benutzt Du nicht einfach wieder die RCBS Competition?

    Wannimmer die Gesetzgeber sich bemühen, das Eigentum dem Volk wegzunehmen und zu zerstören oder es unter willkürlicher Macht zur Sklaverei zu zwingen, geraten sie in einen Kriegszustand mit dem Volk, das dadurch von jeglichem weiteren Gehorsam freigesprochen ist.


    John Locke (englischer Philosoph)

  • Hallo Jayjay1,


    danke für die Rückmeldung.


    Kannst Du ein geladenes Geschoss beim Drücken auf die Tischplatte hineinschieben?


    Warum benutzt Du nicht einfach wieder die RCBS Competition?

    Zu deinen Fragen:

    Nein. Das Geschoss sitzt fest. Allerdings hat man beim Setzen einen spürbar geringeren Kraftaufwand. Beim Delaborieren mit dem Entladehammer reichen zwei kurze Schläge und das Geschoss ist frei. Bei RCBS erheblich mehr Aufwand. Das Ganze ist auch messbar: Der Innendurchmesser des Hülsenmundes bei RCBS-kalibrierten Hülsen ist ca. 0,03mm enger.


    Ich nutze die Martrizen von Redding schon eine ganze Zeit in .308 Win mit sehr guten Ergebnissen und wollte das auf die 6,5x55 übertragen.


    Ich habe mich auch gefragt, warum ich die Probleme nicht bei .308 Win bekommen habe.

    Meine Vermutung: Es liegt an der Ableitung der Bushinggrößen aus dem Hülsenhalsdurchmesser bei gesetztem Geschoss. Der Hersteller empfiehlt: Messwert - 0,001"

    - Bei 6,5x55 war der durchschn. HH-Durchmesser: .29408". Das Bushing .293" ist damit ziemlich genau um die vom Hersteller empfohlenen 0.001" kleiner.

    - Bei .308 Win war das .3378" > .336". Das Bushing ist damit im 0,0018" kleiner. Die Vorspannung deutlich größer.


    Deswegen auch meine Frage ins Forum, wie andere bei der Ableitung der Bushing-Größe vorgehen, wenn sich das so eklatant auf das Ergebnis auswirkt.










  • Ich kalibriere meine Hülsenhälse von innen, nicht von außen, von daher kann ich dazu wenig sagen.

    Wenn Du von außen kalibrierst wird der Innendurchmesser nie gleichmäßig sein, weil die Wandungen der Hülsenhälse es auch nicht sind.


    Außerdem: Wenn Du zum Messen des Innendurchmessers einen Messschieber benutzt, wird er immer einen minimal kleineren Wert anzeigen.

    Je enger der Radius, umso größer die Abweichung.


    Deswegen benutzen Profis dafür spezielle Messgeräte:

    https://www.hogetex.de/innenfe…eno4aeYHwpWkaArVVEALw_wcB


    Just my 2cents.

    Wannimmer die Gesetzgeber sich bemühen, das Eigentum dem Volk wegzunehmen und zu zerstören oder es unter willkürlicher Macht zur Sklaverei zu zwingen, geraten sie in einen Kriegszustand mit dem Volk, das dadurch von jeglichem weiteren Gehorsam freigesprochen ist.


    John Locke (englischer Philosoph)

  • das Messingmaterial "federt" unterschiedlich, je nach Hersteller u. Legierung. Bei manchen Hülsen ist es notwendig einen 0,002 engeren Ring zu nehmen. Versuche mal 291 /292 Bushing

  • Bevor ich da rumexperimentieren würde, würde ich

    nochmal mit den RCBS Matritzen laden um zu sehen ob dasProblem

    weg ist. Ist es weg, würde ich den Hülsenhals enger machen, wobei ich nicht daran glauben kann

    das es daran liegt. Hast Du vielleicht ne neue Dose Pulver angebrochen ?

    Wenn der Fehler garnicht zu finden ist schick 5 Patronen an die DEVA, dann weißt

    Du wenigstens ob es ein Druckproblem ist......


    Frank

  • außen kalibrierst wird der Innendurchmesser nie gleichmäßig sein, weil die Wandungen der Hülsenhälse es auch nicht sind.

    " Das " halte ich für ein Gerücht - Bei meinen Hülsen ist die Wandung gleich, benutze allerdings auch Qualitätshülsen wie Lapua, Norma,

  • Ich habe mich an die Anleitung von Henke gehalten, da steht 2/1000 weniger als die fertig geladene Patrone. Funktioniert bei meiner Forster Matrize super. 1/1000 halte ich auch für zu gering, da das Messing auch etwas zurück federt. Lieber etwas mehr als zu wenig.

    ___________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________

    Ladedaten ohne jegliche Gewähr. Jeder Wiederlader handelt eigenverantwortlich!

  • Erst mal danke für die zahlreichen Rückmeldungen.


    Jayjay1:

    Ich kalibriere meine Hülsenhälse von innen, nicht von außen, von daher kann ich dazu wenig sagen.


    Ich kalibriere auch von innen. Die von mir verwendete Redding-Matrize hat einen Innenaufweiter (übrigens mit exakt dem gleichen Durchmesser wie die RCBS). Allerdings hat aufgrund des zu großen Bushings dieser Aufweiter kaum Grip und läuft praktisch leer durch. Letztlich ist das dann doch eher Kalibrierung von außen.

    Danke für den Tipp mit der Messuhr. Mir ist bewusst, dass diese Messung etwas wackelig ist (auch weil das Material elastisch ist). Da ich aber bei beiden Varianten gleich vorgegangen bin und auch ein kleine statistische Basis geschaffen habe, gehe ich davon aus, dass der relative Unterschied halbwegs passt.


    hagrud

    das Messingmaterial "federt" unterschiedlich, je nach Hersteller u. Legierung. Bei manchen Hülsen ist es notwendig einen 0,002 engeren Ring zu nehmen. Versuche mal 291 /292 Bushing


    Die sind schon unterwegs. Danke für den Tipp. :thumbsu:

    12M18

    Bevor ich da rumexperimentieren würde, würde ichnochmal mit den RCBS Matritzen laden um zu sehen ob dasProblem

    weg ist. Ist es weg, würde ich den Hülsenhals enger machen, wobei ich nicht daran glauben kanndas es daran liegt. Hast Du vielleicht ne neue Dose Pulver angebrochen ?

    Wenn der Fehler garnicht zu finden ist schick 5 Patronen an die DEVA, dann weißtDu wenigstens ob es ein Druckproblem ist......


    Hallo Frank,

    früher hab ich mit RCBS kalibriert > kein Problem mit dieser Laborierung. Ich werde zur Bestätigung nochmal ein paar Patronen machen bzw. wenn die Bushings da sind, mit engeren Bushings kalibrieren.

    Das Pulver ist die gleiche Dose. Würde wohl auch nicht so stark wirken.

    Das mit der DEVA überlege ich mir. Danke für den Tipp.



    Marco31

    Ich habe mich an die Anleitung von Henke gehalten, da steht 2/1000 weniger als die fertig geladene Patrone. Funktioniert bei meiner Forster Matrize super. 1/1000 halte ich auch für zu gering, da das Messing auch etwas zurück federt. Lieber etwas mehr als zu wenig.


    Danke für die Info. Da bin ich dran.

    Für Redding empfiehlt Henke genau dieses 1/1000 (siehe Beispiel unten).


    Kopiert aus der Henke-Hompage:

    Beispiel:

    Der Hülsenhals einer .223 Rem. Patrone misst 6,30 mm
    geteilt durch den Wert "25,4" ergibt dies 0,248 Zoll.

    Nun diese 0,248 Zoll minus 0,001 Zoll (die oben erwähnten 1/1000) rechnen, was 0,247 Zoll ergibt.

    247 ist in diesem Fall das gewünschte Bushingmaß für die gemessene .223 Rem. Patrone.

  • " Das " halte ich für ein Gerücht - Bei meinen Hülsen ist die Wandung gleich, benutze allerdings auch Qualitätshülsen wie Lapua, Norma,

    Ja, mit Lapua Hülsen kann ich das bestätigen, mit Norma hab ich keine Erfahrung.


    Aber das sind eher die großen Ausnahmen, für die allermeisten Hülsenhersteller kann ich meine Aussage nur bestätigen.


    Ich kalibriere meine Hälse in einem separaten Durchgang mit dem Aufweiter einer LEE Collet Die.

    Ich benutze da aber nur den Aufweiter und "quetsche" die Hülse nicht, wie vom Hersteller vorgesehen.

    Mit dem zylindrischen Aufweiter dieser Matrize erhält man innen perfekte Hälse, außen variiert dann aber der Durchmesser (durch die ungleichmäßige Wandungsstärke).

    Deswegen drehe ich die Hälse anschließend außen ab, und habe dann Hülsenhälse die auf Lapuatoleranz sind.

    Wannimmer die Gesetzgeber sich bemühen, das Eigentum dem Volk wegzunehmen und zu zerstören oder es unter willkürlicher Macht zur Sklaverei zu zwingen, geraten sie in einen Kriegszustand mit dem Volk, das dadurch von jeglichem weiteren Gehorsam freigesprochen ist.


    John Locke (englischer Philosoph)

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