Hallo zusammen,
da ich langsam in die Thematik des Weichglühen des Hülsenhals einsteigen möchte habe ich mir vorbereitend eine Messvorrichtung gebaut um die Hülsenhalsspannung zu messen. Im folgenden die Zusammenfassung für die Freunde des gepflegten Hülsenglühen.
Messprinzip:
Die grundlegende Idee ist den Hülsenhals moderat zusammenzudrücken und dabei eine Kraft-Weg Messung durchzuführen. Solange man es bei der Verformung nicht übertreibt bleibt der Hülsenhals im linearen Bereich und folgt dem Hookschen Gesetz. Durch die Kraft-Weg Messung kann man die resultierende "Federhärte" berechnen.
Umsetzung:
Für eine Bügelmessschraube habe ich einen Messsattel gebaut auf dem eine Kraftmesszelle aufgeschraubt ist. Der Messsattel ist ähnlich gemacht wie die Ogivenmessaufsätze für den Messschieber. Die Messzelle ist ähnlich wie die in einer Personenwaage. Details zum Material siehe weiter unten.
Vorbereitung:
Die Messzelle wird über eine kleine Elektronik mit einem Arduino ausgelesen. Um am Ende Messwerte in Newton zu bekommen wird die Messzelle bzw. Software mit bekannten Gewichten kalibriert. Außerdem ist es wichtig die Messzelle bezüglich ihres eigenen Kraft-Weg Verhaltens zu vermessen. Das benötigt man später um auf das Verhalten der Hülse zurückzurechnen. Das ganze ist eine Reihenschaltung von zwei Federn (Messzelle+Hülsenhals)
Messung:
Zum Messen spanne ich eine Hülse mit dem Hülsenhals zwischen dem Messsattel und dem beweglichen Teil der Messschraube. Um eine Punkt zu messen schraubt man die Bügelmessschraube z.b um 25um zusammen und notiert die zugehörige Kraft. Das macht man für ca. 4 Messpunkte zwischen 0 und 150um. In Excel eingetragen und eine Trendlinie mit Gleichung erzeugt kann man direkt die Steigung bzw. Härte in um/N ablesen.
Test:
Hornady Hülse 308 einmal abgeschossen: Mehrere Messung hintereinander mit jeweils neu Einspannen der Hülse -> 1,7um/N +- 0,1
Gleiche Hornady Hülse geglüht: 2,85um/N
Gleiche Hornady Hülse: Ab ca 50 N setzt plastische Verformung ein, was im Kraft Weg Diagramm gut erkennbar ist
RWS Hülse 4 mal geladen: 1,43um/N
Ergebnis:
Messergebnisse sind soweit reproduzierbar und in sich plausibel. Die Messpunkte liegen meist sauber auf einer Geraden. Manchmal hat man jedoch Ausreißer die man aber schnell identifizieren kann und die Messung dann nochmal wiederholen kann. Messung ist zerstörungsfrei und liefert absolute Messwerte auf SI-Einheiten zurückgeführt, die sich mit anderen Wiederladern oder Hülsenglühern vergleichen lassen
Material:
- Bügelmesschraube 0-25mm. Da geht eigentlich die billigste ohne Digitalanzeige. Ratsche ist aber für definierten Anfang hilfreich
- Messelektronik HX711 ca. 2 Euro
- Arduino ca- 12 Euro
- Messzelle CK 10-Y1 0-10kg Vollbrücke ca. 28 Euro
- Stück Alu aus der Kruschelkiste und Schrauben und Muttern für den Messattel
- Halterung für die Bügelmesschraube (optional)
Bilder:
Bilder und Details kann ich bei Interesse gerne nachliefern.
Ausblick:
Die Messzelle sollte sich auch so modifizieren lassen, dass man damit auch die Kraft beim Geschosssetzen messen kann. Da das aber meine Metallbearbeitungsfähigkeiten übersteigt ist das eventuell eine Anregung für die CNC Fraktion im Forum.
Konstruktive Kritik und Verbesserungsvorschläge ausdrücklich erwünscht.