Lil'Gun - Die Komplette Geschichte!

  • Lil’Gun,


    immer wieder (Sonntags) ähem, Lil’Gun, Tralalaalalalala….


    Um etwas Licht in das Dunkel scheinen zu lassen bezüglich den Meinungen die zu dem Lil’Gun Pulver in den Foren immer wieder einhergehen, meist von Usern die nur gehörtes wiedergeben, aber selbst keinerlei Erfahrung mit dieser Pulversorte haben.

    Hier nun die Geschichte wie alles begann.


    In 2010 hatte ich mit der Pulversorte Lil’Gun meine .44 Magnum Patronen geladen.

    Geplant war eine gemütliche Scheibenladung.

    Die Ladung sah so aus.


    Speer TMJ-SIL 240gn

    S&B LP

    Lil’Gun 22gn


    Daraus resultierten 367m/s, 1047Joule.


    (Nachladen auf eigene Gefahr bzw. Blödheit!)



    Nach 200 Schuss reinigte ich den Revolver, hierbei handelte es sich um einen neuen

    Freedom Arms M83 Revolver mit einem 6” Lauf.

    Als ich die Trommel entfernte sah ich einen sehr stark erodierten Übergangskonus.

    Was war passiert, was die Ursache!


    Genau wusste ich das zu dem Zeitpunkt noch nicht, aber ich wusste das ich zwei Fehler beging wie mir im Nachhinein klar wurde.

    Der erste Fehler war meine Unerfahrenheit mit diesem Pulver, für mich eher untypisch weil ich normalerweise immer alles genau errechne und mich vorab gut informiere.

    Hier hatte ich geschlampt, was genau, dazu später mehr.


    Der zweite Fehler war das ich dieses Malheur in mehreren Foren gepostet hatte und nachdem sich das herumgesprochen hatte, ich damit wohl einen Shitstorm in ganz Europa gegen das Pulver Lil’Gun unbeabsichtigt ausgelöst hatte.

    Ich kann nicht sagen ob davor schon ähnliche Fälle in den USA diesbezüglich vorgefallen sind, aber nach ca. 1-2 Monaten wusste man davon sogar bei Freedom Arms!

    Dort wunderte man sich bereits weshalb in geraumer Zeit mehrere FA Revolver mit erodierten Übergangskonen zwecks Austausch für einen neuen Lauf in der Wyominger FA Schmiede auf den Werkbänken lagen.


    Bob Baker, Präsident von Freedom Arms ging der Sache nach.

    Man stellte fest das der Revolver schon nach mehreren Trommeln mit Lil’Gun verschossenen Patronen, kaum noch zu greifen war, so heiss wurde die Waffe. Nach Rücksprache mit Hodgdon erfuhr man das in diesem Pulver der Nitroglyzerin Anteil gegenüber z.B. H110 wesentlich höher ist.

    Freedom Arms gab daraufhin die Empfehlung dieses Pulver nicht mehr in den FA Revolvern zu benutzen.

    Trotzdem ging man der Ursache nach.

    Es stellte sich heraus das diese Erosion aufgrund dem schnellen Gasstrahl in Verbindung mit unverbrannten Pulverteilen die Hauptursache war.


    Dies passiert wenn die Pulvermenge zu gering und das Geschossgewicht zu leicht ist, dadurch das dieses Pulver aggressiver verbrennt, treibt es bereits das Geschoss in den Lauf, noch bevor der Notwendige Gasdruck zur Umsetzung des Pulvers einleitet, der Start Prozess verschiebt sich in Richtung Übergangskonus und den ersten 2-3 Zentimetern im Lauf, dass unverbrannte Pulver wirkt wie ein Glasperlstrahler in genau diesem Bereich.


    In den deutschen Foren wurde dann von irgend einem Clown geschrieben das dies an der Zweibasigkeit des Pulvers liege und das diese generell heisser verbrennen als Einbasige, Blablupp.

    Was allerdings nicht ganz richtig ist, denn wenn ein Pulver nicht richtig verbrennt, dann kann eine Erosion mit jedem Pulver stattfinden unabhängig der etwas heisseren Temperatur.

    Wie dem auch sei, seitdem entbrannten Diskussionen über Einbasigkeit vs Zweibasigkeit, davor hatte das niemanden interessiert und war auch sonst kein Thema wert.

    ...

  • Was die Temperaturen betrifft, ein Vergleich der diese Mär aushebelt.

    So beträgt die Explosionswärme des zweibasigen Pulvers:


    Lil’Gun = 4090

    H110 = 4140


    Im Vergleich hierzu die allseits beliebten einbasigen Finnenpulver:

    N110 = 4020

    N340 = 4150



    In meinem Fall entstand das Problem aufgrund einer Fehlerhaften Laborierung Meinerseits in Zusammenhang mit dem verwendeten Pulver Lil‘Gun.


    1. Das Geschoss war mit 240gn zu leicht, es müssen mindestens 300gn oder schwerer sein!

    2. Die Lademenge war ebenfalls zu gering!

    3. Das LP Zündhütchen war zu schwach, es muss Magnum sein und besser noch ein LRM!


    Verhindern bzw. einschränken lässt sich eine Erosion mit Lil’Gun indem weniger Pulver benutzt und dennoch eine anständige Pressladung zustande kommt.


    Die Lösung ist ein schweres Geschoss, denn ein schweres Geschoss steckt tiefer in der Hülse und verdrängt somit den Pulverraum.

    So ist bereits eine Pressladung mit relativ wenig Pulver im Verhältniss gesehen möglich.


    Desweiteren benötigen die mit Lil’Gun geladenen Revolverpatronen einen starken Rollcrimp oder besser noch einen Profilcrimp und zwar einen Crimp der an die Grenze des Möglichen geht.


    Tja und was die Einbasigkeit von N110 betrifft…

    Nach 80 Schuss 454Casull mit 300gn und 28gn N110 war auch der Übergangskonus meines FA 454 in Erodiale Mitleidenschaft gezogen worden, der Grund waren mangelhafte Zündhütchen aber diesesmal war der Verursacher das unverbrannte N110.

    Das muss man sich mal vorstellen, der Revolver hat über 20K Schuss unbeschadeten Konuses überstanden und das mit zweibasigen Pulvern A2400, H110, aber nach 80 Schuss Einbasigkeit zeigte der Konus Erosion. Very Funny! :thumbdown:



    Fazit:

    Richtig geladen ist das Lil’Gun ein sehr gutes und präzises Pulver.

    Mit keinem anderen Pulver lässt sich solche Energie umsetzen als mit Lil’Gun, für maximale V0 und höchste E-Joule Werte bleibt es derzeit immer noch unerreichbar!


    Für längere Schuss Serien ist es allerdings weniger geeignet, die Waffe wird zu heiss, extrem heiss.


    Wer meint mit diesem Pulver eine DSB MIP Ladung erstellen zu wollen, der sollte diesen Text besser mehrmals lesen…


    PS: Ihr fragt euch jetzt sicherlich ob ich dieses Pulver noch benutze, nach all dem Drama und Dilemma …

    Die Antwort lautet „ Ja “! :thumbsu:

  • Vielen Dank für den super Beitrag und die vielen geteilten Erfahrungen und Fakten.

    Ich habe darüber auch schon einiges gelesen und gehört aber noch nie so ausführlich! :thumbup:


    Und ja ich verwende LilGun auch immer noch

    :thumbsu:

  • Danke für den Beitrag, sehr intressant und vielleicht auch Kostenschonend.

    Gibt ja viele die einen Fehler nie zugeben würden und andere auch ins offene Messer laufen lassen

  • Vielen Dank für diesen Post, finde ich sehr spannend!


    Bevor ich dich mit Fragen zu meiner Ladung löchere, kannst du für mich und andere vielleicht eine „Erosionssichere“ Ladungsgrenze mit N110 und 240er TM einstellen?

    Glaubt mir nichts, ich habe doch auch keine Ahnung.

    .17 Hornet, .222 Rem., .22 Savage Hi-Power, 7x57R, .308 Win., .30-06 Spring., 8,5x55, 9,3x62, 9,3 Brennecke, .44 Rem. Mag.

  • Achtet bei N110 auf eine Ladedichte 1, darunter ist immer schlecht und darüber wird es blöd, wenn das Geschoss zu leicht ist! "Lil'Gun Effeckt"

  • Wow - ich will NICHT in der Wunde bohren, aber gibt es ggf noch Fotos von dem "gestrahlten" Konus des Revolvers? Wie groß sind die Löcher und gibt es ggf eine Grenze, ab wann das ganze evtl. gefährlich wird? Ich könnte mir vorstellen, dass im schlimmsten Fall ein Geschoss verkantet oder ist das nicht möglich?

  • Achtet bei N110 auf eine Ladedichte 1, darunter ist immer schlecht und darüber wird es blöd, wenn das Geschoss zu leicht ist! "Lil'Gun Effeckt"

    Nochmal zum Lil gun zurück.

    Wenn man die Ladedichte nicht unter 90 oder 95% kommen lässt und mindestens ein 300 Grain Geschoss (ich spreche von 454 Casull) und einen ordentlichen Rollcrimp macht sollte das Lil Gun eigentlich ausreichend gut verbrennen?

    Man muss halt dauernd die Waffe auskühlen lassen aber das muss man bei solchen Waffen mit Leistungsladungen ja eh immer wieder.

  • Achtet bei N110 auf eine Ladedichte 1, darunter ist immer schlecht und darüber wird es blöd, wenn das Geschoss zu leicht ist! "Lil'Gun Effeckt"

    Danke für deinen Bericht!

    Eine Frage hätte ich trotzdem:

    Hab bei meinen 44Spec die Ladedicht 1,verwende LPM Zünder,aber hab immer ein paar unverbrannte Krümmel übrig,ist das denn jetzt schädlich für den Lauf?Nach einigen 100 Schuss ist mir auf jedenfalls beim Reinigen der Waffe noch keine rauer Übergangskonus aufgefallen,immer noch glatt wie ein Popo.

  • Achtet bei N110 auf eine Ladedichte 1, darunter ist immer schlecht und darüber wird es blöd, wenn das Geschoss zu leicht ist! "Lil'Gun Effeckt"

    Hilft es wenn man grundsätzlich Magnum ZH verwendet, bei meinem 454 Casull ist ja die Empfehlung eh dass man SRM ZH verwenden soll?

    Wenn ich das WL als Anfänger gemeistert habe wird neben Scheibenladungen auch starke Fullpower Ladung das Ziel sein und da bietet sich Lil'Gun für die stärksten möglichen Ladungen an.

    Also LD 100%, SRM und massiver Rollcrimp um zu garantieren dass das ganze Pulver gleich in der Hülse komplett umssetzt?

    Ich denke unser Beschussamt wird dann etwas Arbeit bekommen. :)

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